Freitag, 29. März 2024
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Verdachtskündigung

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Von einer Verdachtskündigung spricht man, wenn der Arbeitgeber eine Kündigung wegen Verdachts einer strafbaren Handlung, d.h. auf Grund von nicht erwiesenen Tatsachen ausspricht. Auch der Verdacht einer erheblichen Verletzung von arbeitsvertraglichen Pflichten kann eine Verdachtskündigung rechtsfertigen. (vgl. BAG Urteil v. 25.10.2010- 2 AZR 801/09)

Voraussetzungen für eine Verdachtskündigung

Der Verdacht einer strafbaren Handlung stellt gegenüber einer Tatkündigung, die eine erwiesene strafbare Handlung oder bekannte gravierende Pflichtverletzung des Arbeitnehmers voraussetzt, einen eigenständigen Kündigungsgrund dar. Bei einer Verdachtskündigung ist allein der Verdacht eine Straftatbegehung für die Zerstörung des Vertrauensverhältnisses verantwortlich. Der Kündigungsgrund ist somit nicht die vermutete Tat, sonder der Verdacht des strafbaren Handelns und der daraus resultierende Vertrauensverlust des Arbeitgebers.

Da bei einer Verdachtskündigung grundsätzlich auch „Unschuldige“ betroffen sein können, ist eine Verdachtskündigung nur dann wirksam, „wenn dringende, auf objektive Tatsachen beruhende schwerwiegende Verdachtsmomente vorliegen und diese geeignet sind, das für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen bei einem verständigen und gerecht abwägenden Arbeitgeber zu zerstören und der Arbeitgeber alle zumutbaren Anstrengungen zur Aufklärung des Sachverhalts unternommen, insbesondere dem Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat.“ (BAG Urteil v. 29.11.2007 – 2 AZR 724/06, BAG Urteil v. 25.10.2010 – 2 AZR 801/09)

Schwerwiegende Verdachtsmomente

Allein die Vermutung einer Straftatbegehung bzw. einer gravierenden Pflichtverletzung ist für eine Verdachtskündigung nicht ausreichend. Vielmehr müssen objektive nachweisbare Tatsachen vorliegen, die den Verdacht des Arbeitgebers stützen (vgl. BAG Urteil v. 14.09.1994 – 2 AZR 164/94). Es muss also feststehen, dass der Mitarbeiter die Verfehlung mit großer Wahrscheinlichkeit auch begangen hat.

Dafür müssen die vorliegenden objektiven Tatsachen so beschaffen sein, dass sie einen verständigen und gerecht abwägenden Arbeitgeber zum Ausspruch der Verdachtskündigung verlassen können. Bei Verdachtsmomenten, die das außerdienstliche Verhalten von Arbeitnehmern betreffen, muss stets ein Bezug zum Arbeitsverhältnis und dessen Vertragsgrundlage gegeben sein (vgl. BAG Urteil v. 27.11.2008 – 2 AZR 98/07).

Der Verdachtskündigung steht auch das in der Menschenrechtskonvention verankerte Prinzip der Unschuldsvermutung (Art. 6 Abs. 2 MRK) nicht entgegen, denn diese bindet grundsätzlich nur Richter, die über eine Anklage zu entscheiden haben (vgl. BAG Urteil v. 14.09.1994 – 2 AZR 164/94).

Aufklärung des Sachverhalts - Anhörung

Der Arbeitgeber ist vor Ausspruch einer Verdachtskündigung stets verpflichtet alle zumutbaren Anstrengungen zur Aufklärung des Verdachts zu unternehmen. Zu einer umfassenden Aufklärung des Sachverhalts gehört auch die Anhörung des unter Verdacht stehenden Arbeitnehmers. Hierzu muss der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer alle ihm vorliegenden Informationen mitteilen und ihm Gelegenheit zur Stellungnahme geben. Die Anhörung des Arbeitnehmers ist Wirksamkeitsvoraussetzung für die Verdachtskündigung. Eine ohne Anhörung des Arbeitnehmers ausgesprochene Verdachtskündigung ist andernfalls unwirksam (LAG Berlin-Brandenburg Urteil v. 17.02.2011 – 25 Sa 2431/10).

Die Anhörung selber unterliegt keiner Formvorschrift und kann grundsätzlich auch mündlich erfolgen.

Allein die Befragung des Arbeitnehmers zu bestimmten, ihm im Gespräch vorgehaltenen Vorwürfen stellt jedoch keine ordnungsgemäße Anhörung dar (LAG Berlin-Brandenburg Urteil v. 06.11.2009 – 6 Sa 1121/09). Im Rahmen einer Anhörung ist dem Arbeitnehmer vielmehr die Möglichkeit zu geben, den Verdacht entkräftende Tatsachen vorzubringen und so ggf. zur Aufklärung eines zum Anlass für den Verdacht genommenen Sachverhalts beizutragen.

Verweigert der unter Verdacht stehende Mitarbeiter eine Stellungnahme zu den ihm vorgehaltenen Verfehlungen, so kann der Arbeitgeber die Verdachtskündigung aussprechen. Auch ist der Arbeitgeber nicht verpflichtet eine Anhörung durchzuführen, wenn der Arbeitnehmer sich in Untersuchungshaft befindet bzw. für den Arbeitgeber unerreichbar ist.

Kündigungsfrist bei einer Verdachtskündigung

Die Kündigungsfrist bei einer Verdachtskündigung entspricht der einer Tatkündigung.

Bei einer außerordentlichen Verdachtskündigung beginnt die Kündigungsfrist von zwei Wochen gem. § 626 Abs. 2 BGB grundsätzlich ab Kenntnisnahme der Indizien, die den Verdacht und somit die Kündigung begründen, zu laufen.

Allerdings ist die Kündigungsfrist gehemmt, solange der Arbeitgeber die zur Aufklärung des Sachverhalts – nach pflichtgemäßen Ermessen notwendig erscheinende Maßnahmen – zügig durchführt (vgl. BAG Urteil v. 17.03.2005 – 2 AZR 245/04). Grundsätzlich müssen die erforderlichen Ermittlungen mit der gebotenen Eile innerhalb einer kurz bemessenen Frist durchgeführt werden, die hinsichtlich der Anhörung der Verdächtigen in der Regel nicht über eine Woche hinausgehen darf (vgl. BAG Urteil v. 02.032006 – 2 AZR 46/05).

Sollte die Verdachtskündigung unwirksam sein, kann der Arbeitgeber nach einer rechtskräftigen Verurteilung des Arbeitnehmers eine Tatkündigung aussprechen.

Beteiligungsrechte des Betriebsrats bei einer Verdachtskündigung

Genau wie bei einer Tatkündigung ist der Betriebsrat gem. § 102 BetrVG vor Ausspruch jeder Verdachtskündigung anzuhören. Bei der Anhörung des Betriebsrats ist konkret anzugeben, ob zu einer Tat- oder Verdachtskündigung angehört werden soll. Dem Betriebsrat sind alle Fakten und Indizien, die für den Kündigungsentschluss maßgeblich waren mitzuteilen.

Sollte der Arbeitgeber zu einer Tatkündigung anhören und diese mangels von Beweisen nicht aussprechen können, reicht diese Anhörung für eine eventuelle Verdachtskündigung nicht aus, bzw. die ausgesprochene Verdachtskündigung wäre mangels ordnungsgemäßer Beteilung des Betriebsrats unwirksam.

 

 
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