Mittwoch, 13. November 2024
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Ein qualifiziertes Arbeitszeugnis und die Beurteilung

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Gemäß § 109 Gewerbeordnung (GewO) hat jeder Arbeitnehmer bei Beendigung von einem Arbeitsverhältnis einen Anspruch auf ein schriftliches Arbeitszeugnis.

Dabei wird nach dem Gesetz zwischen einem einfachen Zeugnis und einem qualifizierten Arbeitszeugnis unterschieden.

Ein einfaches Arbeitszeugnis muss Angaben zu Art und Dauer der Tätigkeit enthalten.

Ein qualifiziertes Arbeitszeugnis hingegen enthält darüber hinaus noch Angaben zu Leistung und Verhalten des Arbeitnehmers.

Ein Zwischenzeugnis kann während des Bestehens eines Arbeitsverhältnisses vom Arbeitgeber verlangt werden.

Grundsatz der Klarheit

Inhaltlich unterliegt das Arbeitszeugnis nach § 109 Abs. 2 GewO dem Klarheitsgebot. Das bedeutet ein qualifiziertes Arbeitszeugnis muss grundsätzlich klar und verständlich formuliert sein. Es darf nicht mit Merkmalen versehen sein, die den Zweck haben, den Arbeitnehmer in einer aus dem Wortlaut des Zeugnisses nicht ersichtlichen Weise zu kennzeichnen.

Grundsatz der Wahrheit

Darüber hinaus muss nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ein qualifiziertes Arbeitszeugnis inhaltlich wahr sein und darf keine falschen Angaben enthalten.

Ein Arbeitszeugnis ist dann "falsch", „wenn es Merkmale enthält, die den Zweck haben, den Arbeitnehmer in einer aus dem Wortlaut des Zeugnisses nicht ersichtlichen Weise zu kennzeichnen und denen entnommen werden muss, der Arbeitgeber distanziere sich vom buchstäblichen Wortlaut seiner Erklärungen, der Arbeitnehmer werde in Wahrheit anders beurteilt, nämlich ungünstiger als im Zeugnis bescheinigt“ (vgl. BAG Urteil v. 21.091999, Az.: 9 AZR 893/ 98).

Wohlwollend

Neben dem Wahrheits- und Klarheitsgebot muss ein qualifiziertes Arbeitszeugnis, da es in der Regel als Bewerbungsunterlage und Entscheidungsgrundlage für die Personalauswahl künftiger Arbeitgeber dient, wohlwollend formuliert sein.

Der Arbeitgeber darf das weitere berufliche Fortkommen des ausscheidenden Mitarbeiters nicht ungerechtfertigt erschweren (vgl. BAG Urteil v. 03.03 1993, Az.: 5 AZR 182/ 92).

Die Form vom Arbeitszeugnis

Das Arbeitszeugnis unterliegt in seiner Form den Anforderungen, wie sie im Geschäftsleben an ein qualifiziertes Arbeitszeugnis gestellt werden und deren Einhaltung als selbstverständlich erwartet wird (vgl. BAG Urteil v. 21.09.1999, Az.: 9 AZR 893/98). Das bedeutet, dass ein qualifiziertes Arbeitszeugnis auf einem mit dem Firmenlogo versehenen DIN A 4 Blatt auszustellen ist.

Der übliche Aufbau von einem Arbeitszeugnis im Überblick:

  1. Einleitung
  2. Aufgabenbeschreibung
  3. Beurteilung der Leistung
  4. Beurteilung des Verhaltens
  5. Schlussformel
  6. Ausstellungsgrund
  7. Unterschrift

1. Einleitung

Ein qualifiziertes Arbeitszeugnis muss in der Einleitung den vollständigen Namen des Arbeitnehmers, soweit vorhanden den akademischen Grad und das Geburtsdatum enthalten. Darüber hinaus sind Angaben über die genaue Bezeichnung und Dauer der Tätigkeit notwendig.

Ein ordnungsgemäßes qualifiziertes Arbeitszeugnis muss auch frei von Tippfehler, Grammatik- oder Zeichensetzungsfehlern sein. Fehler dieser Art mindern die Gesamtnote des Zeugnisses erheblich ab und deuten auf eine nicht zufrieden stellende Leistung des Arbeitnehmers hin. In diesem Zusammenhang wird sogar ein nicht durchgängig eingehaltener Blocksatz negativ bewertet.

2. Aufgabenbeschreibung

Im Rahmen der Aufgabenbeschreibung ist der Arbeitgeber verpflichtet alle Tätigkeiten, die ein Arbeitnehmer im Laufe des Arbeitsverhältnisses ausgeübt hat, so vollständig und genau im Arbeitszeugnis zu beschreiben, dass sich künftige Leser ein klares Bild machen können. Unerwähnt dürfen solche Tätigkeiten bleiben, denen keine eigenständige und für das berufliche Fortkommen keine große Bedeutung zukommt (vgl. BAG Urteil v. 12.08.1976, Az: 3 AZR 720/75). Der Arbeitgeber darf allerdings in einem Arbeitszeugnis nichts auslassen, was der Zeugnisleser üblicherweise erwartet (vgl. LAG Hamm Urteil v. 16.03.1989, Az: 12 (13) Sa 1149/88).

Welche Formulierungen im Arbeitszeugnis gewählt werden, entscheidet allein der Arbeitgeber. Er ist grundsätzlich frei bei seiner Entscheidung, welche Eigenschaften und Leistungen des ausscheidenden Arbeitnehmers er besonders hervorheben oder zurücktreten lassen will. Ein qualifiziertes Arbeitszeugnis darf nur keine Auslassungen enthalten, wo der Leser eine positive Hervorhebung erwartet (sog. beredetes Schweigen) (vgl. BAG Urteil v. 29.07.1971, Az: 2 AZR 250/70).

3. Beurteilung der Leistung

Mit Urteil vom 27.02.1997 (Az.: 4 Sa 1691/96) hat das Landesarbeitsgericht Hamm definiert, was in einem Arbeitszeugnis unter der Leistung eines Arbeitnehmers zu verstehen ist: „Unter Leistung ist die berufliche Verwendbarkeit des Arbeitnehmers zu verstehen.“

  • Arbeitsbefähigung (Können)
  • Arbeitsbereitschaft (Wollen)
  • Arbeitsvermögen (Ausdauer)
  • Arbeitsweise (Einsatz)
  • Arbeitsergebnis (Erfolg)
  • Arbeitserwartung (Potential)
  • Führungsleistung (bei Führungskräften)

Die Beurteilung der Leistung, welche grundsätzlich ein subjektives Werturteil des Arbeitgebers ist, unterliegt der gerichtlichen Kontrolle. „Der Arbeitgeber ist zwar bei der Ausstellung des Arbeitszeugnisses in seiner Ausdrucksweise frei, muss sich aber der in der Praxis allgemein angewandten Zeugnissprache bedienen und bei der Beurteilung des Arbeitnehmers den nach der Verkehrssitte üblichen Maßstab anlegen“ (LAG Hamm, Urteil v. 12.07.1994, Az.; 4 Sa 192/94)

„Soweit für eine Berufsgruppe oder in einer Branche der allgemeine Brauch besteht, bestimmte Leistungen oder Eigenschaften des Arbeitnehmers im Arbeitszeugnis zu erwähnen ist deren Auslassung regelmäßig ein versteckter Hinweis für den Zeugnisleser, der Arbeitnehmer sei in diesem Merkmal unterdurchschnittlich oder allenfalls durchschnittlich zu bewerten“ (BAG Urteil v. 12.08.08, Az: 9 AZR 632/07).

Die gängigen Formulierungen (Arbeitszeugnis Code) für die Beurteilung der Leistung und Ihre Bewertung in einem Arbeitszeugnis im Überblick:

Sehr gut - Note 1 :
„stets zu unserer vollsten Zufriedenheit“

Gut - Note 2 :
„stets zu unserer vollen Zufriedenheit“

Befriedigend - Note 3 :
„zu unserer vollsten Zufriedenheit“

Ausreichend - Note 4 :
„zu unserer vollen Zufriedenheit“

Mangelhaft - Note 5 :
„zu unserer Zufriedenheit“

Ungenügend - Note 6 :
„im allgemeinen zu unserer Zufriedenheit“

4. Beurteilung des Verhaltens

Die Beurteilung des Sozialverhaltens ist neben der Beurteilung der Leistung der wichtigste Punkt in einem Arbeitszeugnis. Denn der künftige Arbeitgeber hat natürlich ein großes Interesse zu erfahren, ob der künftige Mitarbeiter fähig ist, sich in das soziale Gefüge des Unternehmens anzupassen und auch ob er in der Lage ist gut mit Kunden umzugehen.

Die gängigen Formulierungen (Arbeitszeugnis Code) der Beurteilung des Verhaltens und die Bewertung in einerm Arbeitszeugnis im Überblick:

Sehr gut - Note 1 :
„Sein/Ihr Verhalten gegenüber Vorgesetzten und Kollegen war immer vorbildlich.“

Gut - Note 2 :
„Sein/Ihr Verhalten zu Vorgesetzten und Kollegen war einwandfrei.“

Befriedigend - Note 3 :
„Sein/Ihr Verhalten zu Kollegen und Vorgesetzten war einwandfrei.“

Ausreichend - Note 4 :
Seine/Ihre Zusammenarbeit mit Mitarbeitern und Vorgesetzten war zufriedenstellend.

Mangelhaft - Note 5 :
Sein/Ihr Verhalten gegenüber Mitarbeitern und Vorgesetzten war insgesamt zufriedenstellend.

Wichtig ist bei der Beurteilung des Sozialverhaltens, dass der Zeugnisaussteller das Verhalten des Arbeitnehmers zu den Vorgesetzten in einem qualifizierten Arbeitszeugnis zuerst nennt. Eine abgeänderte Reihenfolge bedeutet für den Leser eines Arbeitszeugnisses, d.h. für den künftigen Arbeitgeber, dass das Verhalten gegenüber den Vorgesetzten nicht korrekt war.

5. Ausstellungsgrund

Beim Ausstellungsgrund ist zwischen einem Zwischenzeugnis und einem qualifizierten Arbeitszeugnis zu unterscheiden.

Bei einem Zwischenzeugnis sollte in der Regel folgende Formulierung gewählt werden:

„Auf Wunsch des Mitarbeiters wurde dieses Zeugnis ausgestellt.“

Ein „normales“ qualifiziertes Arbeitszeugnis hingegen sollte den Grund der Beendigung des Arbeitsverhältnisses enthalten, wie zum Beispiel:

„Auf ihren/seinen eigenen Wunsch scheidet Frau/Herr ... zum … aus unserem Unternehmen aus.“ „Das Arbeitsverhältnis endet am…“

6. Schlussformel

Die Schlussformel in einem Arbeitszeugnis besteht in der Regel aus einer Bedauernsformel und den guten Wünschen für den weiteren Berufs- und Lebensweg.

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist der Arbeitgeber jedoch nicht verpflichtet, ein qualifiziertes Arbeitszeugnis mit den gängigen Formulierungen abzuschließen, in denen er dem ausscheidenden Arbeitnehmer für die gute Zusammenarbeit dankt und ihm für die Zukunft alles Gute wünscht (vgl. BAG, Urteil v. 20. 2. 2000, Az.: 9 AZR 44/ 00.)

Da die Verwendung einer solchen Abschlussformulierung sich im Geschäftsleben bzw. Arbeitszeugnispraxis etabliert hat und ein qualifiziertes Arbeitszeugnis abrundet, sollte eine derartige Formulierung stets in ein qualifiziertes Arbeitszeugnis aufgenommen werden.

7. Unterschrift

Ein qualifiziertes Arbeitszeugnis muss am Ende mit dem Datum versehen werden, welches dem Austrittsdatum des Mitarbeiters entspricht.

Darüber hinaus ist ein qualifiziertes Arbeitszeugnis ordnungemäß zu unterschreiben. Der Aussteller muss das Zeugnis mit dem voll ausgeschriebenen Namen unterschreiben. Zudem muss der Name maschinenschriftlich wiederholt werden. Die Verwendung eines Kürzels ist in einem Arbeitszeugnis nicht erlaubt.

Der Arbeitnehmer hat aber keinen Anspruch darauf, dass der Arbeitgeber ein qualifiziertes Arbeitszeugnis persönlich unterschreibt. Ein qualifiziertes Arbeitszeugnis darf auch von einer vertetungsberechtigten Person unterschrieben werden. Bei einer Einzelfirma ist das der Inhaber und bei juristischen Personen alle Personen, deren Berechtigung sich aus dem Vereins-, Handels- oder Genossenschaftsregister ergibt. Das sind in der Regel, Generalbevollmächtigte, Handlungsbevollmächtigte, Personalleiter, Prokuristen (vgl. LAG Hamm Urteil v. 17.6.1999, Az: 4 Sa 2587/98).

Nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts führt eine nicht ordentlich geleistete Unterschrift unter einem Arbeitszeugnis beim Leser zu der Annahme, der Arbeitgeber wolle sich von Inhalt distanzieren. Eine derartige Distanzierung ist nicht zulässig, denn das Interesse des Arbeitnehmers, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter Vorlage eines ordnungsgemäßen Zeugnisses eine adäquate neue Arbeitsstelle zu finden, ist nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts verfassungsrechtlich geschützt (vgl. BAG Urteil v. 21.09.1999, Az.: 9 AZR 893/98 und LAG Nürnberg Urteil v. 29. 07. 2005 Az: 4 Ta 153/05).

Zwischenzeugnis

Auch während der Dauer des Bestehens eines Arbeitsverhältnisses können Arbeitnehmer ein Zeugnis (sog. Zwischenzeugnis) verlangen.

Der Anspruch auf ein Zwischenzeugnis besteht dann, wenn der Arbeitnehmer ein berechtigtes Interesse hieran hat. Dies ist immer dann gegeben, wenn das Arbeitsverhältnis in ein ruhendes Arbeitsverhältnis (z.B. Elternzeit, Einberufung zum Wehr- oder Zivildienst) umgewandelt werden soll, bei Umstrukturierungen im Unternehmen (Versetzung des Arbeitnehmers, Wechsel des Vorgesetzen), oder wenn das Ende der Beschäftigungsverhältnisses aufgrund einer Befristung unmittelbar bevorsteht.

Rechtsschutz

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgericht kann der Arbeitgeber, dem von seinem Arbeitgeber kein ordnungsgemäßes Arbeitszeugnis erteilt wurde, Erfüllung seines Anspruchs verlangen (vgl. BAG Urteil v. 17. 02.1988, Az.: 5 AZR 638/86). Dies ist im Wege einer Zeugnisberichtigungsklage beim zuständigen Arbeitsgericht geltend zu machen.

Sollte das Arbeitsgericht feststellen, dass das erteilte Arbeitszeugnis nach Form und Inhalt nicht den gesetzlichen Anforderungen entspricht, ist der Arbeitgeber verpflichtet das Arbeitszeugnis entsprechend zu berichtigen (vgl. BAG Urteil v. 21.06.2005, Az.: 9 AZR 352/04).

Grundsätzlich ist der Arbeitgeber im Rahmen der Neuerstellung des Zeugnisses nach den Grundsätzen von Treu und Glauben an seine bisherige Beurteilung in dem bereits erteilten Arbeitszeugnis gebunden, soweit keine neuen Umstände eine schlechtere Beurteilung rechtfertigen (vgl. BAG Urteil v. 21.6.2005, Az.: 9 AZR 352/04), so dass der klagende Arbeitnehmer erst einmal keine Verschlechterung der Leistungs- oder Verhaltenbeurteilung im Arbeitszeugnis zu befürchten hat.

Die Informationen auf jura-companion.de ersetzen keine Rechtsberatung. Wenn Sie Fragen zur Auslegung von Ihrem Arbeitszeugnis haben, wenden Sie sich bitte an einen Rechtsanwalt bzw. einen Fachanwalt für Arbeitsrecht.
 

 
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